Vauxhall - Geschichte

 

Vorgeschichte
 
Vauxhall ist bei uns heute fast vergessen. Noch vor 50 Jahren hatte die Marke in der Schweiz einen beträchtlichen Marktanteil. Hier ein kurzer Abriss der Geschichte.

Der normannische Söldner Fulk le Bréant bekam um 1200 für seine Dienste bei König John das Lehen von Luton und wurde Sheriff von Oxford und Hertford.
Das heutige Emblem von Vauxhall war sein Wappentier. Es soll ein Greif sein, halb Löwe, halb Adler. Sein Anwesen nannte sich Fulks Hall, Faulkes Hall und schliesslich Vauxhall. 1661 entstanden die grossen Vergnügungsgärten von Vauxhall. Hier versammelte sich die obere Gesellschaft. Im Laufe der Zeit vergammelten die Gärten jedoch.

Der Schotte Alexander Wilson gründete dort 1857 eine Fabrik und baute Dampfkessel und Maschinen für Flussschiffe. Daneben entstand ein grosser Eisenbahn- Knotenpunkt, Vauxhall Junction. Wilsons Firma geriet 1894 in Schwierigkeiten. Es entstanden daraus die Vauxhall Iron Works mit 150 Beschäftigten. Der Ingenieur F. W. Hodges vor, sich im Automobilbau zu versuchen.
 

Automobile

Zu Ansichtszwecken beschaffte man sich vermutlich einen Daimler aus Cannstadt und 1903 entstand das erste Modell eines Vauxhall mit Lenkstock-Steuerung. Davon wurden ca 50 Stück verkauft.
Die Firma wuchs und brauchte Platz. 1905 erfolgte der Umzug nach Luton. Dies ist auch das Entstehungsdatum der berühmten Flutes, die meist als Chromleisten bis 1957 die Motorhauben zierten.
Bekannte Konstrukteure in der Frühzeit waren Hancock, Kidner und Pomeroy. Die Autos wurden in Langstreckenfahrten eingesetzt, gewannen bei Bergrennen, etwa Shelsley Walsh Hillclimb, 1000 Meilen Luton-Schottland-Luton, Prinz Heinrich-Fahrt Alle diese Fahrten halfen die Verkäufe anzukurbeln, aber die Vauxhalls jener Zeit waren teuer und schwer und der Oberschicht vorbehalten.

                                               Vauxhall D (1922)
General Motors suchte nach Fabrikationsmöglichkeiten in Europa und kaufte sich Vauxhall 1925 und Opel 1929. GM führte neue Produktionstechniken ein und die Preise für Automobile sanken. Mit der Krise 1930 war die Zeit der luxuriösen Autos vorbei. Vorbei auch die Rivalität mit Bentley und Sunbeam, Vauxhall hatte dabei nicht schlecht abgeschnitten.

Ab 1932 baute Vauxhall synchronisierte Getriebe ein, nahm Abschied von getrenntem Chassis und Carosserie, die Einzelradaufhängung Dubonnet, wie bei Opel, wurde eingeführt.
Die Werbung versprach: vom Holpern zum Gleiten! Die ursprüngliche Parallelogrammführung  wurde nach dem Krieg aufgegeben, beim kräftigen Bremsen tauchte der Vorderwagen nicht mehr, das Moment des gebremsten Rades liess ihn
nach oben steigen.
 
 
 
 
                           Vauxhall DX 14/6 Coupé  (1935)
 
 
 
 
 
 
 
 
Während des 1. Weltkrieges fabrizierte Vauxhall nur wenige Personenwagen für den Armeestab, im 2.Weltkrieg die schweren Churchill Tanks sowie Zugmaschinen und Lastwagen der Marke Bedford.

        https://de.wikipedia.org/wiki/Churchill_(Panzer)
 
 
Die Firma in Luton expandierte nach dem Krieg. 1953 entstand das 100000ste Fahrzeug, ein Modell der Reihe E. Vauxhall exportierte viele Fahrzeuge, oft als in Teile zerlegte Automobile, die dann im Ausland (Schweiz: Biel) steuerbegünstigt zusammengebaut wurden. Der Inlandverkauf war damals von der Regierung eingeschränkt, der forcierte Export sollte Devisen bringen.

Die Montage in der Schweiz wurde 1973 wegen geänderter Zollbestimmungen eingestellt, in andern Ländern wie Australien (Holden) endigte sie schon vorher.
 
Typen, Modelle
 
Bis 1910 wurden die Modelle nach PS unterschieden, danach folgte die lange Tradition der Buchstaben, zuerst A, B, C, ab dem Sportwagen 30-98 wurde mit Einzel und Doppelbuchstaben bezeichnet, aber nicht aufsteigend: OD/OE, M/LM, S, R, T, dazu Angaben über Steuer- und Leistungs-PS oder auch Zylinderzahl, wie 20/60 oder 14/6, 12/4

Ab dem Model V wurde nach Motorengrösse unterschieden: VX und VY für 6-und 4-Zylinder. Daneben bekamen die Modelle auch Namen: Cadet, Light Six, Big Six, Wyvern, Velox, Cresta.

Die Modellbezeichnung war auch ein Zeichen der Ausstattung:
E-Serie 1952-57; Wyvern - der 4 Zylinder - das Einsteigermodell, Velox - der 6 Zylinder mit mehr Komfort und Zubehör und gelb gespritzten Felgen. Der Chassiszusatz L beim Modell BX markierte den verlängerten Radstand.
Bis 1957 (Ende der E-Serie) wurden 4- und 6-Zylindermotoren in die gleiche Carosserie eingebaut. Danach entschied man sich für getrennte Bauweisen für 4- und 6-Zylindermodelle.

Es entstanden die bekannten Typen der 60er Jahre:
Victor (4 Zylinder) und Cresta /Velox (6 Zylinder). Wahrend der erste Buchstabe das Modell bezeichnete, änderte der Zweite mit der Carrosserieform alle paar Jahre.
Victor = FA, FB, FC, FD, FE, Cresta = PA, PB, PC, Viva = HA, HB, HC.
Ein dritter Buchstabe bezeichnete die Ausstattung: S für Standard, D für Deluxe. (PAD, PBS, PCD etc.) Somit ist jedem Insider mit der Nennung des Modells das genaue Aussehen bekannt.
 
Die in Biel montierten Fahrzeuge erhielten in den 60er Jahren auf der Chassisnummer das Präfix SS. Das stand wohl für "Swiss Service".
 
    Vauxhall PAD Cresta (1961)
 
Auf Basis des FA-Victor Series 1 entstand auch der erste fabrikeigene Kombi. Kombiwagen gab es auch schon vorher; sie wurden durch Privatfirmen auf der Basis der Limousinen gebaut und nannten sich beim E Dormobile, weil die Wagen (auch) zum Schlafen eingerichtet waren. 1964 stieg Vauxhall mit dem HA-Viva in den Kleinwagenbau ein, auf der Plattform des Opel Kadett.

Vauxhall hatte nicht nur in den 1920er Jahren sportliche Autos gebaut sonderrn auch später den FB mit dem VX 4/90, den Viva mit SL und Brabham, den Firenza mit dem Droopsnoot aufgemotzt. Luxusmodelle trugen die noblen Namen Cresta, Radford, Ventora, Royale und Viceroy.
 
Der Monaro als Hochgeschwindigkeits-Fahrzeug kam aus Australien, Lotus ging eine Zusammenarbeit mit Vauxhall ein und produzierte den Lotus-Carlton auf Basis des Omega. Panther brauchte Vauxhall-Mechanik für seine Sportwagen. Auch im 4-Rad-Segment war Vauxhall vertreten: Monterey, oder im Van-Bereich mit Sintra und Zafira.
 
letzte Jahre

Vauxhall Modelle wurden zunehmend gleich wie Opel-Modelle: Cavalier Sport = Manta, Cavalier = Ascona, Chevette = Kadett Junior, Carlton = Rekord, Astra = Kadett. Ab 1982 wurden auch Dieselmotoren eingebaut. Die eigenen Vauxhall-Modell-Bezeichnungen verschwanden je länger je mehr, heute sind es einheitlich Corsa, Astra, Calibra, Omega etc. Kleinwagen waren in der Neuzeit der Tigra oder der Speedster, in England als VX 220 verkauft.
 
Heute ist vielleicht noch das Interieur verschieden von Opel, nicht aber die Technik und das Äussere, ausser der Plakette und dem Kühlergrill. Die beiden Marken laufen auch von den gleichen Bändern in England oder Deutschland, Opel haben das Lenkrad einfach links, Vauxhall rechts.

1964 waren die Produktionskapazitäten zu klein geworden, in Ellesmere-Port wurde daher eine neue Fabrik gebaut um mit der Produktion des Viva beginnen zu können. 2002 lief der letzte Vauxhall in Luton ab Band. 2003, zur Hundertjahr-Feier, gedachte Vauxhall mit einer Rundreise der Fahrt der 1000 Meilen.
 
Die in Finanznöten schlingernde General Motors als Mutterkonzern versuchte ihr Europa-Geschäft zu verkaufen. Ein Anlauf, Vauxhall und Opel an Magna / Sberbank zu verkaufen, zerschlug sich 2009, in der Finanzkrise. 2012 übernahm dann der PSA-Konzern (Peugeot - Citroen) das Europageschäft.

Unser Schweizer Club befasst sich vor Allem mit den Fahrzeugen, die noch eigenständig waren. Seit Mitte der 70er Jahre, dem Ende der Bieler Produktion und der Modellgleichheit mit Opel werden Vauxhalls nicht mehr importiert.

Einige Mitglieder haben indes ihre modernen Opel umbenannt, schliesslich fährt man auch heute noch Vauxhall!
 
Hans Wuhrmann